Wer schon Gartenreisen oder Gartenführungen unternommen hat, erwartet in den meisten Fällen Spaziergänge durch wohl angelegte Gartenwege, Erläuterungen zu Pflanzen, Gestaltungsideen und weitere Inspirationen, die wir natürlich immer gerne mit nach Hause nehmen.
Diesmal haben wir auch bemerkenswerte Inspirationen mit nach Hause genommen, aber ganz andere, wirklich ganz besondere, die uns noch lange beschäftigen und die in uns allen nachgeklungen haben!
Im Skulpturengarten Darmstadt erwarten euch, liebe Gartenfreundinnen und Gartenfreunde, zwei sympathische Menschen: Elisabeth und Joachim Kuhlmann, viele besondere Kunstwerke des renommierten Künstlers J. Kuhlmann, ein Waldgarten-Arrangement als Ausstellungsraum, eine beeindruckende Führung durch den Skulpturengarten und damit ein denkwürdiger Kultur-Einblick von mindestens 90 Minuten. 2 Stunden Fahrt von Mühlacker aus startend, die sich lohnen!
Ihr findet in diesem, mitten im Waldgebiet liegenden, außergewöhnlichen, ca. 4000 Quadratmeter großen Skulpturengarten einen Künstlergarten, der in seiner Entstehungsgeschichte außergewöhnlich und ganz sicher nicht vergleichbar ist.
Joachim Kuhlmann (studierter, exzellenter Künstler: Bildhauer, Maler, Grafiker, Meisterschüler bei Willi Sitte in Halle, mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet) verließ 1987 gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth (stud. in Dresden an der Hochschule für Bild. Künste, Diplomlehrerin für Kunst, Maskenbildnerin, Künstlerin, Pflanzenfreundin) die damalige DDR. Das dort erlittene, ertragene Schicksal umreißen beide nur grob („wir wurden aussortiert“). Wir erahnen andeutungsweise, was das Erlebte bei den beiden Künstlern bewirkt hat.
In der BRD angekommen, verschlug es beide auf Umwegen nach Darmstadt. Dort wagten sie einen großen Schritt, vor dem viele vor ihnen abgeschreckt worden waren. Auf einem ehemaligen Militärgelände, mitten im Wald, pachteten sie zunächst ca. 2000 m2 und wurden heimisch. Nicht jeder hätte dies gewagt: Schutt, Ruinen, eine alte, Asbest-belastete Militärbaracke, meterhohes Unkraut, Chaos bot sich ihnen damit als zukünftige Heimat an. Elisabeth Kuhlmann erzählt: „Nachdem dieses Projekt entstanden ist, durch diese Aufbauarbeit – da ging unser Schmerz weg. Die Hoffnung kam zurück, die Sinnfrage wurde neu gestellt“.
Dem Ehepaar gelang es tatkräftig und mit unheimlicher Anstrengung auf 4000 Quadratmetern eine neue Heimat mit Garten bzw. Präsentationsfläche für zahlreiche Skulpturen zu schaffen, die Natur dabei als „Bühne“ interessant und wirkungsvoll zu gestalten. Ein militärischer Platz, eine bedrückende Kasernenatmosphäre wurde von ihnen zum Friedensort umgewandelt.
Beim Gartenrundgang erläutern die Künstler in fesselnder Weise den Schaffensprozess und die dahinter stehenden Gedanken der verschiedensten Werke. Die gesamte Gruppe, die mit uns am Sonntag dort die Führung genossen hat, war schlichtweg ergriffen und bewegt.
Pflanzen, die die Wirkung der Kunst unterstreichen, werden von Elisabeth Kuhlmann gehegt, gepflegt, in Form geschnitten, gepflanzt und arrangiert. Sie gibt vielen gefundenen, geschenkten Pflanzen eine zweite Chance. „Jeder hat eine zweite Chance verdient“ meint sie. „Aus Nichts etwas machen“ ist ihr Motto, so finden auch viele Fundstücke immer wieder eine weitere, neue Verwendung und warten nur darauf, dass ein neues Garten-Arrangement konzipiert wird. Die beiden Gestalter sind sich gegenseitige Stütze, wie sie sagen. „Einer alleine schafft es nicht“. Sie finden immer wieder gemeinsam eine Lösung und eine gelingende Umsetzung, sicher nicht nur auf den Gartenbereich bezogen. Gestemmt wird dieses Projekt ohne jegliche finanzielle Unterstützung von außen, ohne Sponsoren und ohne Verein, alles aus eigener Kraft.
Ich möchte euch nicht zu viel verraten, lasst euch nicht nur die Skulpturen im Garten, sondern besonders auch das von Joachim Kuhlmann mit besonderen Materialien geschaffene Tor am Eingang erklären und zeigen. Schaut auf die Wirkung, wenn es Elisabeth Kuhlmann öffnet und euch dabei die dahinter stehende Bedeutung und die Bestandteile erklärt! Jede/r von uns war nachhaltig beeindruckt.
Tore sind übrigens immer wieder im gesamten Skulpturengarten zu finden, vielleicht nicht nur Gestaltungselement, sondern auch Sinnbild für das „davor“ und „danach“, für Freiheit und Gefangenheit, für den Mut hindurchzugehen und für vieles, was die beiden in ihrem Leben erlebt haben.
Die Lebensphilosophie, die bei der Gartenführung fassbar wird, die haben wir dieses Mal als Inspiration für uns mit genommen – nein, dieses mal keine Pflanzenanregung oder ähnliches – sondern Worte von Elisabeth und Joachim: „Aus dem Unglück muss man etwas machen, Neues gestalten, wieder aufstehen, sich gegenseitige Stütze sein, eine zweite Chance nützen.“ Die „Wiederauferstehung“ ist als Thema auch bei den Arbeiten von Joachim Kuhlmann zu finden, die bei der Führung durch das Atelier ebenfalls zu sehen sind. Was er auch schon in der DDR geschaffen und entworfen hat, erfahren wir so nebenbei von seiner Frau. Er hält sich ganz bescheiden im Hintergrund und ergänzt einzelne Erklärungen. Hut ab! nicht nur vor dem künstlerischen Schaffen.
Die Kuhlmanns haben noch viel vor, sagt Elisabeth Kuhlmann (71) voller Zuversicht. Wir wünschen es beiden von Herzen und freuen uns auf neue Nachrichten von den beiden!
Fazit: Wir haben „GARTEN“ einmal ganz anders erlebt. Ein besonderer Tag war es mit einer bemerkenswerten Führung im Skulpturengarten des Künstlerpaares Elisabeth und Joachim Kuhlmann.
Kuhlmanns Skulpturengarten ist eine Zuflucht für diese besonderen Menschen, ein Gestaltungsort, der Natur respektiert und mit eigener Kunst verbindet. Fahrt hin, erlebt es, (bis 8.11.!!, dann wieder im nächsten Jahr) und dies ist auch unter Corona-Bedingungen möglich!
Öffentliche Führungen werden angeboten und falls ihr als kleine Gruppe hin fahren mögt, auch das ist möglich – fragt nach bei den Kuhlmanns. Ihr werdet ganz sicher eine freundliche Antwort bekommen. Aber macht auf jeden Fall eine Führung mit, ohne Erklärung erschließen sich viele Dinge nicht, die ihr sonst versäumen werdet.
Schaut auch auf der Homepage nach: www.skulpturengarten-darmstadt.de
Oder schreibt per mail: kontakt@skulpturengarten-darmstadt.de
Oder ruft an: E. u. J. Kuhlmann 06151-2769054
Öffnungszeiten: Sonntagsführungen vom 5.7. bis 8. 11. , Eintritt: 10€ p.P, Schüler/Stud. 3 €
Sonderführungen, Einzel- oder Gruppenführungen, sonntags oder wochentags nach persönl. Vereinbarung, öffentl. Gruppenführungen sonntags / feiertags 14.30 – 16 Uhr
Zu Skulpturengarten Darmstadt
Vielen Dank für diese gut strukturierte Zusammenfassung eines sehr bemerkenswerten, emotionalen und ganz besonderen Aufenthalts im Skulpturengartens Darmstadt. Wir waren wirklich sehr bewegt und nachhaltig beeindruckt.
Danke, liebe Susanne, für den aufmunternden Kommentar! Das hat uns sehr gefreut! Sehr gerne werden wir wieder ab dem Frühjahr weitere Gartenziele beschreiben und …. vielleicht haben ja Gartenglück-Blog-Leser Freude daran mit zu gehen! Herzliche Gartengrüße!